Neues vom Raketenschirm

Raketen für den Frieden

Raketen für den Frieden

Der Roman „Raketenschirm“ kommt voran. 1976 war ein spannendes Jahr: im September starb Mao Zedong.  Seither stieg das Land zur Weltmacht auf, die von der KP Chinas unerledigten Konflikte in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft gipfelten im Tian’anmen-Massaker 1989.  Ganz allmählich beginnen auch dem deutschen Otto Normalverbraucher (der ja eigentlich eine Erfindung der Statistik für die nationalsozialistische „Volksgemeinschaft“ ist) die Chinesen etwas unheimlich zu werden. Was ist jetzt, fragt er sich, mit der Energie? VW fährt Riesengewinne ein (alle anderen Autokonzerne auch), weil Chinesen Hunderte Millionen Autos kaufen. Sogar elektrische. Der Strom dafür kommt aber aus Kernkraftwerken – aus immer mehr von den gefährlichen Dingern. Öl wird knapp, Gas wird knapp, die Kohle erschafft das reine Klimaelend, und in Deutschland sind wir aber sowas von vorbildlich mit AKW abschalten, Sonne anzapfen, Windräder bauen, Pflanzen (wir haben gelernt!) vergasen, Müll trennen, Rad fahren: da wird ’s langsam Zeit, den Schlitzaugen einen Ordnungsgong zu verpassen (Gong sollten sie verstehen)!

Ein erster Schritt: Wir schicken ihnen 100 000 in der Wolle gefärbte grüne Oberlehrer. Wenn das nicht reicht, setzen wir die Troika Trittin-Künast-Roth in Marsch. Per Raketenschirm.

Die spielen da nicht mit ? Die waren schon immer Raketengegner? I wo. Die waren nur gegen amerikanische Pershings. Die gute alte SS 20, von Leonid Breshnews Propagandatruppen als Friedensrakete etabliert, hat ihre politischen Ziele nie behindert. Nichtraucher und Vegetarier müssen sich sowieso durch in aller Welt verstreute Waffen aus russischer sowenig wie aus deutscher Produktion irritieren lassen. Vielleicht können die vom einstigen rotgrünen Tandem Schröderfischer fein gesponnenen russischen Connections die SS 20 als Druckmittel gegen Peking mobilisieren. Käme gut in den deutsche Medien – oder?

Die Welt – nach deutschem Vorbild erneuerbar! Die ganze! Mit ein paar von den Raketenhämmern wäre jeder Widerstand gegen saubere Volksenergie und saubere Luft in deutschen Kneipen endgültig zu brechen. Es lebe die Volksgesundheit! Nieder mit Rauchern und Freunden der Atomkraft! Antifa! AntiKKW! Wir schottern Castor, Pollux, morgen die ganze Welt!

Das Beste an Heidelberg …

Zigarrenwonne

Wonnen des Zigarrenrauchs


… ist das Café gegenüber vom Bahnhof. Dort kann man rauchen. Von dort ist es auch nicht mehr weit zu den Zügen, die einen aus Heidelberg wegschaffen.
Es hätte mich nicht gewundert, wenn es in der vom Tourismus verwüsteten Neckarstadt überhaupt keinen gemütlichen Ort mehr gäbe, an dem ich eine gute Havanna zum Kaffee bzw. Viertele hätte genießen können. Immerhin wird von hier aus der Feldzug gegen den mörderischen Qualm dirigiert. Die Krebsforscher sind Lichtgestalten, deren Aura das ansonsten trübe Bild nicht nur von Gesundheitspolitikern ein wenig aufhellt; Verdienstorden säumen ihre Ruhmeswege.
Nebenher leisten sie einen bedeutenden Beitrag zur kulturellen Ausprägung des deutschen Nationalcharakters. In dem zweiten Rauchercafé von Heidelberg (man bat mich dort, Namen und Standort nicht herauszuposaunen) feiert das Denunziantentum seine Restauration (schöner Doppelsinn!): mehrmals die Woche wird beim Ordnungsamt angezeigt, dass Schwaden aus dem Rauchersalon, durch eine von Zeit zu Zeit benutzte Tür hindurchwabernd, die empfindliche Gesundheit der daneben verweilenden Nichtraucher bedrohen. Natürlich könnten sie sich woanders hinsetzen – vielleicht sogar in ein Nichtrauchercafé. Damit aber wäre ihrem teutonischen Furor nach der Durchsetzung von Verboten nicht Genüge getan: „Da könnte ja jeder …!“, „Wehret den Anfängen!“ Vermutlich fahren diese von wissenschaftlichem und gesellschaftlichem Missionsgeist Druchdrungenen in der Welt herum, um Reiseveranstaltern ihre Versäumnisse vorzurechnen – es ist ihr Verständnis von Migration mit Leitkultur.
Es wird schließlich nicht nur die Gesundheit geschützt. Deutschland ist und bleibt das Reservat von Hausmeistern, Oberlehrern, Denunzianten, die vor allem eines wollen: Ihre Mitmenschen zur Ordnung erziehen. Welche Ordnung ist eigentlich egal. So ist dafür gesorgt, dass sämtliche historischen deutschen Perioden von Barbarossa bis zur DäDäÄrr in ihren Archetypen weiterleben, überall.

Von Menschen und Schneeflocken

Nebelleuchten

Eislicht am Merkurberg in Baden-Baden


Gedanken in Schneelandschaften – aus „Babels Berg“

Die Naturwissenschaftler der ruhmreichen Sowjetunion arbeiteten seit langem daran, das Wettergeschehen für die Planung verfügbar zu machen, aber sie hatten bisher ebenso wenig den passenden Regen für die Landwirtschaft wie die Sonne für die gewerkschaftseigenen Ferienorte beschafft. Wenn es ihnen gelänge, in frostiger Strömung aus Sibirien Eis und Schnee heranzuführen, wäre der Kalte Krieg gewonnen, die „Frontstadt Westberlin“ befriedet, der Schmerz, den dieser Pfahl im Fleisch des Arbeiter- und Bauern-Staates seinen Funktionären einbrannte, wäre gekühlt. Die westlichen Politiker würden dem geradeso gut tatenlos zusehen müssen wie dem Mauerbau. Sie würden Mitleid mit den frierenden Brüdern und Schwestern in der Ostzone haben; es war sicher kaum zu erwarten, dass das Eis sich genau an den Grenzverlauf hielte. Überhaupt existierte die planmäßige Wettergestaltung nur als Wunsch, Schneefeld geworden auf der Karte, und an diesem Tag begann es wieder einmal planlos auf alle Stadtteile zu schneien. … (wer mag, kann sich ab hier das Video anschauen…)

Gustav stellte fest, dass er viel zu leicht angezogen war. Er schlug den Kragen seiner Jacke hoch, trabte Richtung Staatsbibliothek.
Kurz vor der Kreuzung zu den „Linden“ fasste ihn ein Mann am Ärmel.
„Tschuldjung: Sie sinn doch aus’m Westen?“
„Wie kommen Sie darauf?“
„Na, det sieht man doch, so wie Sie anjezoren sinn. Ick hätte da mal ne Bitte. Ick bin nämlich Nassrasierer, wissense, un hier im Osten kricht man einfach keene anständjen Klingen. Wennse mir nu mal ’n paar Westmark jeben könnten, denn könntick ma in’ Intershop’n paar Wilkinson koofen.“
Gustav war geschmeichelt, zuckte die Schultern und sagte:
„Tut mir leid, ich habe kein Kleingeld.“
„Na det macht doch nüscht, ick jeb Ihn’ zweehundat Ost für fuffzich dee-emm.“
„Nein nein“, stotterte Gustav, „das möchte ich nicht.“
„Wat? Det is doch’n prima Jeschäft? Für det Jeld könnse hier ins Interhotel essen jehn vons feinste! Oda biste janich aus’n Westen? He, du Arschloch, vasuch det nich noch mal, mir hier anzuscheißen!“
Den Rest der Hasstirade verschluckte der Schnee, immer dichtere Flocken sammelten sich auf Gustavs Schopf, rannen ihm tauend übers Gesicht. Jede dieser Flocken verlor dabei ihre einzigartige Gestalt. Kein Meteorologe oder Physiker würde je eine Vorhersage über all die Milliarden Gestalten geben können, die in jedem Augenblick neu entstanden und nach kurzem Flug vergingen. Es war ebenso unmöglich, aus den Tropfen Auskünfte über die Form der geschmolzenen Kristalle zu erhalten. Und doch war jeder einzelne Kristall ein unverwechselbarer, unentbehrlicher Teil des Universums, das mit ihm jeden Moment neu erschaffen wurde.

Lang, kurz? Kurz? Lang?

Blick vom Turm

Blick vom Turm

Das Bild vom 2. Dezember zeigt die Täler des Schwarzwalds im Nebel; der Schnee ist dort längst geschmolzen. Die Haselnussblüten und Weidenkätzchen zeigen sich in Vorfrühlingslaune. War’s das mit dem Winter?In den vergangenen Jahren konnte ich mich auf diese natürlichen Langzeitprognosen verlassen: im Dezember 2009 war von den beiden vorwitzigen Blühern nichts zu sehen, Eis und Schnee dauerten wirklich bis zum April.Weihnachtswunsch: mögen sie Recht behalten und den Schneeglöckchen zuwinken: „Ende Januar dürft ihr das Winterende einläuten!“

Megaschirm?

Schirmherren im "Spiegel"

Der „Spiegel“ meldet, dass die Russen nun gemeinsam mit der NATO unter den ganz großen Raketenschirm schlüpfen wollen. Ist das eine gute oder eine schlechte Nachricht?
Wir wollen hoffen, dass für dieses teure Stück Technik gilt, was auch ein Schirm vom billigen Jakob leistet: Wenn man ihn bei sich hat, regnet’s erst gar nicht.

Seltsame Texte

Immo 1982

Spinner, Staatsfeind: frei auf eigene Rechnung

Es war 1985. Mein Versuch, ein Off-Theater in Ostberlin, damals Hauptstadt der DäDäÄrr zu gründen, war von der Behörde verboten worden.
Im Tagebuch vom 29. Juli steht:

„Das Gefühl ABSOLUTER SCHUTZLOSIGKEIT als einziger Beleg (und Preis) für moralische Integrität – wie lange hält man das aus?
Entsetzlich: dieses Verwundern der Leute, dass man nicht konform geht, dass man nicht bereit ist, den Preis für Wohlstand und Erfolg zu zahlen. Sie achten – respektieren – nur den ERFOLGREICHEN Künstler, nicht den Künstler. Sie nehmen, was sie zur Selbstbestätigung brauchen und bemerken nicht den Selbstbetrug. (Wie sich unsere Gesellschaft in ihren Elitekünstlern selbst betrügt). Was für eine Verantwortung für die wirklich Großen: Widerstand über jede Koketterie hinaus!

Das ist – Kernfragen des Buches vorwegnehmend – ein Kommentar besonderer Art zu Tellkamps „Turm“. Und dann fragt sich der nach Hinauswürfen und Verboten zur Untätigkeit Verurteilte, was bleibt:

„Das Wenige, das ich mir auferlege, ist meiner Angst geschuldet, …, die Konfrontation suchen, um nicht vereinnahmt zu werden, …, Leiden, um unempfindlich zu werden (wie unempfindlich bin ich schon?).“
Aber dann steht da mit roter Tinte:
„Verweigerung als die bequeme Möglichkeit, sein Teil Schuld nicht tragen zu müssen?“
Was für eine bizarre Frage angesichts der Tatsache, dass die an Brutalitäten und Rechtsbrüchen Schuldigen sich damals wie heute erfolgreich ihrer Verantwortung entziehen!

Ermutigung mit Zeitzünder

Es hat zwar ein bisschen gedauert, aber wenn nach vier Jahren ein Buch so gelobt wird, wie „Der menschliche Kosmos“ jetzt vom wirklich sachkundigen Andreas Zeuch auf „psychophysik.com“, dann ist es ein deutliches Zeichen für die Frische der Texte und ein Grund zur Freude:
„Wer sich von – wie es auf dem Buchrücken selbst lautet – „Fundsachen“ inspirieren lassen kann, wird reich belohnt. Und wer dann noch bereit ist, die „praktischen Übungsstückchen“ zu erkunden, wird aus eigener Erfahrung Neues lernen können.“

You tube für die Eine Welt

Javanischer Bauer pflügt mit Ochsen

Bauer im Dürregebiet auf Java

Seit gestern online: das Film- und Bürgerportal ”Human Pictures”. Wer engagierte Filme, Videos , Fotos – sei’s auch nur vom Handy – hochladen möchte, die ein besseres Zusammenleben von Menschen und Völkern zum Ziel haben: Hier ist der richtige Platz. Zitat aus der Plattform:
”In welcher Welt möchten Sie leben? In einer, wo niemandem etwas passieren kann, weil es eine perfekte Kontrolle gibt, oder in einer, wo jeder seinem Mitmenschen vertrauen kann, weil fast alle sich an Werten wie Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft, Selbständigkeit und Verantwortungsbewusstsein orientieren?
Gefiele Ihnen ein perfekt funktionierendes System besser – mit vollkommener Gerechtigkeit – oder ein Gemeinwesen, in dem jeder aus Fehlern lernen darf, sich aber auch nicht vor schwierigen Aufgaben drücken muss?”

Versichert

Jemand erzählt mir vom labilen
Gleichgewicht, das wir umspielen,
Vom Klimatod und Gletscherschmilz,
Ozonloch, Zeoh-Keinerwills.
Er weiß dafür genau den Grund:
Die Erde ist nicht mehr gesund.
Doch Mars ist nah und Mond ist rund,
Wir werden emigrieren.
Sandstürme, Krater, Vakuum,
das macht uns nichts, wir sind nicht dumm:
die AOK wird’s finanzieren.

Ist die Welt nicht mehr zu retten?

Das Problem des Ostens ist die erfolgreiche Ausrottung der Selbständigen – also des Mittelstandes – durch das System der organisierten Verantwortungslosigkeit, vulgo Sozialismus. Der Westen zieht gerade nach. Nachzulesen ist darüber einiges bei Rudolf Bahro „Die Alternative“ (1977) und in „Logik der Rettung“ (1987).
Dazu habe ich 2007 in SWR 2 „Wissen“ publiziert
Aktuell nach wie vor in den Zeiten unabsehbarer Krisen:
„Der menschliche Kosmos“2bahro1