Frühling reist

Mozarts Auftritt im Kalender

Mozarts Auftritt im Kalender

Die Räder rollen durchs glückliche Land
der rostenden Wünsche, es schnattert das Jungvolk
Eingeflimmert aufs Mittelmaß,
duftend nach Fritten und Plastikfraß.
Gesichter voll Eisen, Chemie in den Haaren
Sehn sie nicht wo, verstehn nicht, wohin sie fahren.

Draußen geschieht das verlässliche Wunder
Das sich doch niemals planen lässt
Aus Landschaften werden Züge des Glücks
Triumphprozessionen verliebter Vögel.
Textilgeschäfte verhökern den Rest
Nächstens geht die Weltwirtschaft unter.

Altersrenditen verfallen im Takt
Der murmelnden Kugeln in den Rouletts
Der schwingenden Kurse auf den Parketts
Alle Tresore werden geknackt.

Derweil erblühn die unsterblichen Formen
Aus sterblichstem Stoff in den Farben der Träume.
Ich zähle die Tage als letzte Momente
Dass vom fliegenden Blau ich nur nichts versäume.
Keine Blüte sei ungeküsst
vom Blick, der auf Unendlich gerichtet ist.

China und die Menschenrechte

Für 70 € im Monat leben - ohne Hartz 4

Jobangebot in China


Das beklagenswerte Bild, das die westlichen Demokratien nach dem Untergang des realen Sozialismus Ost auf dem Weg in den realen Sozialismus West bieten; der Furor, mit dem „Eliten“ und „Anspruchsberechtigte“ das Gemeinwesen zerpflücken, die ungebremste Gier nach Macht und Gütern, das auf Quoten und Konformismus orientierte Medienunwesen, in dem Kultur zu Monokultur umformatiert wird: Was davon sollte die Chinesen beeindrucken? Monokultur und Konformismus haben sie selbst. Sie haben den Mediokratien des Westens voraus, dass sie Nörgler konsequent zum Schweigen bringen, statt sie zum Sozialhilfesatz durchzufüttern. Die Geldmaschinen drehen in China schneller, die Reichen werden reicher, die Armen müssen tun, was übrig bleibt zu Hungerlöhnen – mit etwas staatlicher Beihilfe.
Universelle Werte? Wer lebt die vor? Das Ehepaar Clinton? Her Bush jun.? Herr Zumwinkel? Herr Schröder? Herr Berlusconi?
Die Politik, die Wirtschaft – vor allem die Banken – des Westens arbeiten dem ZK der KP Chinas vortrefflich zu: sie machen in Peking Schulden, sie werden darüber zu politischen Leisetretern, deren Moral die Chinesen nur deshalb nicht öffentlich verlachen, weil sie als kluge Strategen den nützlichen Idioten gestatten, das Gesicht zu wahren.

Ungeteilte Zeit

Komet Hale Bopp aus Wikipedia

Die kurzen Nächte will ich nur für mich.
Kein Staat und kein Konzern darf mit mir teilen.
Allein will ich mit den Kometen eilen
Verglühn im Sonnenwind als Ding an sich
Als kosmisches Geschöpf, befreit vom Zählen
Von Quoten und statistischem Gerät
Ein Schweifstern, frei die eigne Bahn zu wählen
Der Gleichmaß, Sicherheit und Halt verschmäht.
Den Halt gibt es für ihn zur Todesstunde
Wenn aus der kurzen Nacht die längste wird.
Die Sonne schlägt ihm seine tiefste Wunde
Da er in ihre Nähe sich verirrt.

Leipzig in Kürze

Kein Buchpreis fürs Literaturgirlie - aber Spaß war dabei.

Nein, hier wird nicht Fräulein Hegemann wegen Plagiierens verhaftet!

Buchmesse 2010 – wer hier war, wird sich über Mangel an Anregendem nicht zu beklagen haben, falls er in die Nischen zwischen den millionenschweren PR-Maschinen der gebührenfinanzierten Massenmedien und der Großverlage geschaut hat.
Am Freitag, dem 19.3. konnte man das sogar noch relativ entspannt, heute drängte – inzwischen fast ein Ritual – die Jugend mit und ohne Kostüm zum Spektakel des Sehens und Gesehenwerdens, mancher beklagt die Literaturferne des von Comic- und Mangakonsum inspirierten Getümmels, mir ist es recht, dass junge Leute lieber selbst etwas unternehemen, als andachtsvoll an den Lippen der Mainstreamverkäufer im Literaturbetrieb zu kleben. Entscheidungen zum Lesen und Schreiben fallen in unterschiedlichsten Lebensaltern und – Gott sei Dank – ebenso unterschiedlichsn Kontexten. Qualität setzt sich am Ende durch. Das lässt sich zumindest von der Vergabe der Buchpreise sagen – ich muss hier nicht anführen, was schon in allen Nachrichten stand.
Eine Trouvaille war ein ansprechend edierter Roman von Hans-Dieter Eberhard, “Einer ohne Steuermann” erschienen 2009 in der edition malandrin, München, er gefiel mir wegen seiner schlackenlosen Sprache, ich werde ihn lesen. Ebenso Gerd Koenens “Was war der Kommunismus”, vom Verlag Vandenhoeck & Ruprecht in der Stasi-Gedenkstätte vorgestellt. Das ehemalige Kino der Bezirksverwaltung von Erich Mielkes Liebesministerium war beziehungsreiche Kulisse, der Autor überzeugte durch Sachkenntnis und die Fähigkeit, seine Einsichten in die Entwicklungen einstiger kommunistischer Staaten sehr anschaulich zusammenzufassen. Von China über die Sowjetunion bis Jugoslawien, Albanien und in die ruhmlos verblichene DDR konnte er spezielle Herrschaftsformen historisch und kulturell zuordnen. Für 2013 ist ein umfassendes Werk zum Thema angekündigt; von dem jetzt vorliegenden soll hier demnächst die Rede sein.

Verlässliches Wunder

Die Blüten haben sich vor meine Tür geschlichen
Des nachts, und niemand hörte ihren leisen Schritt.
Sie brachten ihre lila Träume mit
Ein Blütenlächeln, dem all meine Sorgen wichen
Und jene Hoffnung, die wir ewig nennen
Die jedem Frühling seine Blüten schafft
Mit flüchtigster und unbezwungener Kraft
Und liebestrunken, dass die Nächte brennen.

Blütenwolken, überm Boden schwebend

Blütenwolken, überm Boden schwebend

Leben in China

Räucherwerk fürs goldene Glück
Nach vier Wochen zwischen Yangzijiang (Jangtsekiang), Sanya auf der Tropeninsel Hainan, nun einige Tage in Beijing (Peking), das den Charme von Ostberlin hat: kalte, leere Gigantomanie, was mal Kaisertum war, ist Fahnengeschwenke unterm Schutz zahlloser uniformierter und nicht uniformierter Wächter: ein Staat wird vom Geld regiert, reagiert auf die Attacken der globalen Geldmaschinerie mit der Wucht seiner Massenproduktion, auf die Kritik von einzelnen mit dem brachialen Übergriff: Zeichen eines Niedergangs.
Die Chinesen – je weiter weg im Süden, desto munterer – verhalten sich pragmatisch wie jeder Dynastie gegenüber. Hauptsache, der Familie geht’s gut und für möglichst üppiges Essen ist gesorgt. Feuerwerk kann’s nicht genug geben, wenn’s richtig donnert, zieht man halt den Kopf ein.

Brutalspaß

Den Film „Up in the Air“ mit George Clooney habe ich nicht gesehen; in der FAZ gab’s gerade einen Artikel zum Thema ”Rausschmeißberater für konfliktscheue Manager” .
Ich habe mir erlaubt, ihn zu kommentieren:
Dieser Artikel ist in seiner Länge und Selbstreferenz das Schaurig-Komischste, was ich seit langem gelesen habe. Nachdem man Menschen von der Kinderkrippe bis zum Universitätsabschluss weitgehend abtrainiert hat, Selbständigkeit als Lebensform zu erproben, sie stattdessen aufs An-Gestellt-Sein und den vorauseilenden Gehorsam gegen ihre Chefs geradezu dressiert sind und den Verlust der Anstellung als größte anzunehmende Katastrophe wahrnehmen, werfen jetzt ein paar Schlaumeier das Psycho-Engineering für konfliktscheue Manager und die professionelle Tröstung ihrer Opfer auf den Markt. Dafür lassen sie sich die frisierten Schnauzen vergolden. Alles wird gut!
Von China aus sieht die Welt ziemlich anders – wenn auch nicht unbedingt besser – aus. „Up in the Air!“