Der Sommer geht

 

Balkonherbst

 

Rainfarne blühn am Damm

Goldrute, Fingerhut und Glockenblume

Im Schatten wölbt sich duftend Schwamm an Schwamm

Müd unter Stoppeln liegt die Ackerkrume.

Korallen wachsen an den Ebereschen

Spinnweben wehen zwischen Tau und Tag

Der Sommer geht. Aufs Mähen folgt das Dreschen

Auf manches Streicheln folgt der erste Schlag.

Reif ist der Sommer. Dunkler sind die Farben

Des letzten Blühens zwischen spätem Grün

Wahrer die Träume, die noch nicht verdarben

Tiefer in kurzer Nacht empfangene Narben

Für Wünsche die wie Meteore glühn.

 

Das Gedicht stammt aus dem Jahr 1987. Seit fast zwei Jahren wartete ich zwischen Hoffen und Verzweifeln auf die Ausreise aus der DDR. Dass ich nicht unterging, verdanke ich außergewöhnlichen Frauen, guten Freunden, die zu mir hielten. Ohne die tiefen Bindungen an Landschaften, Literatur und Musik hätte ich nicht überlebt. Ich war nicht allein. Meine Texte sind jetzt, da sie erscheinen dürfen, ein großes Dankeschön dafür, dass ich mich nie im Stich gelassen fühlen musste.